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ein wunderbares Zitat

Ein wunderbares Zitat aus Marianne Gronemeyers „Dem Konsumismus trotzen- das Abseits als wirtlicher Ort“, dass ich heute gelesen habe:

„…. Man kann das Gleichnis aber auch vom Saatkorn her deuten. Und dann sagt es, dass das Saatkorn alles, wozu es geschaffen und bestimmt ist, von sich aus kann, eine Pflanze hervortreiben, blühen, Frucht bringen und Mensch, Tier und Boden nähren, vorausgesetzt, dass es in eine gute, ihm gemäße Umgebung gerät. Es ist Geschaffenes zugleich vollendet und im Werden: creatura, ein schöpferisches Geschaffenes, ein Geschöpf, das sein Ende (seine Bestimmung, sein Ziel) in sich selbst hat, aber dennoch nicht am Ende ist. Ein Geschaffenes, das sich weiter schafft. Welch ein herrlicher Widerspruch. Schon Sokrates vertraute darauf, dass in der Person, mit der er sich unterredete, die Wahrheit, die sie suchte, vorhanden war, die um ans Licht zu kommen, allenfalls die Hebammenkunst brauchte, oft nicht einmal die. Ganz anders der Macher. Er kann das Werden nicht sich selbst überlassen, sondern will es steuern und lenken. Er hat es nicht mit Kreaturen zu tun, die , um es salopp zu sagen, mancherlei in petto haben, sondern mit Rohstoff, rohem Stoff. Sein Metier ist die Alchemie, die aus Dreck Gold macht. In unseren Schulen zum Beispiel hat sich das alchimistische Prinzip vollkommen durchgesetzt. Man kann daran verzweifeln, wie wenig dort auf das Mögliche, das in jedem einzelnen Kind schlummert, gesetzt wird. Erziehung bedeutet, aus Rohstoff Gold zu machen. Das „Menschenmaterial“, das da versammelt ist, muss durch Unterricht veredelt werden. alles Wissenswerte muss den armen Schluckern, die alles schlucken müssen, eingetrichtert werden, und zwar allen das Gleiche, ohne Ansehen der Person, so die Grundannahme. Die Schule ist der Grundkurs in Sachen Konsumismus. Dort wird man zum belieferungsbedürftigen Mängelwesen entmächtigt….. „

3 Kommentare

  1. ….. und Sokrates ging am heller lichten Tage mit einer Laterne über die Athener Agora und suchte den wahren Menschen….. Es scheint also auch für ihn nicht so leicht gewesen zu sein, den wahrheitsliebenden Menschen zu finden um eine Unterredung abzuhalten.

    Das Verb machen bedeutete im Indogermanischen kneten, und das Verb tun dagegen, setzen. Prometheus brachte nicht nur das Licht, sondern er knetete und formte daraus den Menschen. Es war also eine schöpferische Tätigkeit.
    In setzen (!) oder sitz (!) findet sich ein Imperativ und von daher ist das Tun eher einer institutionellen Macht zuzuordenen. Ich unterscheide von daher das Machen, als eine Form des kreativen, vom Tun als Folge einer Regel, die zur Tätigkeit wird. Folglich entsteht das Machen aus sich selbst heraus und es wird ein Werden.

    Inzwischen ist nicht die Schule die erste Instanz zur Zuführung zur Verwertung, sondern dies findet schon in der Vorschulzeit statt. Es ist nicht einfach nur das Trimmen in den verschiedensten Disziplinen, sondern vor allem auch der freiwillige Zwang dem alle Beteiligten unterliegen. Freiheit, so sagte Lenin, wäre die Einsicht in die Notwendigkeit. Diese Notwendigkeit wird im vorschulischen Lernen im Sinne schulischer Inhalte interpretiert. Der Gesellschaftliche Erfolg wäre so garantiert und vorprogrammiert und wird dadurch zum Zwang. Es ist also systemisch zu betrachten und alle leisten ihren Beitrag dazu. Das kreative, schöpferische Machen jedoch entsteht tatsächlich aus einer Notwendigkeit. Eine innere Notwendigkeit die freiwillig und ohne Anleitung stattfindet: Das Spiel.

    Vor kurzem habe ich den Begriff vom unbeaufsichtigtem Spiel gehört. Das stellt ein Paradoxon dar, denn es impliziert, dass es ein beaufsichtigtes Spiel gäbe. Wenn man beim Spielen jedoch beaufsichtigt wird tut man nur so als ob man spiele. Das ist wie Sex mit Zuschauern: Man tut nur so und man nennt es Porno. Ohne Intimität, ohne Begehren, ohne Leidenschaft. Spielen ist einfach nur spielen. Es ist ein eintauchen in die eigene Phantasie, was Intimität oder unbeaufsichtigt sein voraussetzt, dort wo Geschichten und Traumwelten entstehen, dort entsteht auch Kreativität. Es wird zu einer geheimnisvollen Welt, die erkundet und geteilt werden will und je tiefer man sich darin verliert um so begehrenswerter und leidenschaftlicher verfolgt man seine Sache. Das ist die Geburtsstunde des Autodidakten, das ist die Voraussetzung einer Notwendigkeit die das Machen freiwillig geschehen lässt. Wie ein Saatkorn…..

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  2. Hallo Martin, danke für diesen Kommentar.
    Der Begriff freiwilliger Zwang trifft es gut.
    Besonders in den großstädtisch, modernen Familien gibt es diesen freiwilligen Zwang alles „richtig“ zu machen und nur das „Beste“ für die Kleinen zu TUN . Alles wird durchorganisiert, vorgeebnet und Ratgeber konsultiert, immer in der Sorge und unter der ständigen Last, dem Wohl der Kleinen nicht genüge getan haben zu können.
    Alles geschieht in einer organisierten und später institutionalisierten „Zwangsbeglückung“, wie Bertram Stern so treffend formulierte.
    Und mit dieser Zwangsbeglückung/Zwangsbegluckung ersticken sie dann jeden inneren , lebendigen Impuls ihrer Kinder schon im Keim.

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